KI-basierter Sensor für die „Leuchtende Bahnsteigkante“

Gestalt Robotics hat einen KI-basierten Sensor für die Erkennung der Zugabfahrt und – ankunft im Rahmen des Projekts „Leuchtende Bahnsteigkante“ entwickelt. Nach erfolgreicher Erprobung des Sensors in der Werksumgebung und am S-Bahnhof Berlin Südkreuz ist das System nun bereit, auch an anderen Standorten zum Einsatz zu kommen.

“Leuchtentende Bahnsteigkante” am S-Bahnhof Südkreuz

Mehr Fahrgastsicherheit und Information am Gleis

Das Prokelt „Leuchtende Bahnsteigkante“ gehört zum Forschungsvorhaben „Sicherheitsbahnhof“ der Deutschen Bahn. Mit dem Projekt will die Deutsche Bahn für mehr Sicherheit und Orientierung an Bahnhöfen für ihre Fahrgäste sorgen. Die Idee ist es, mit einem in die Bahnsteigkante integrierten LED-System wartende Fahrgäste am Gleis mittels unterschiedlicher Lichtsignale über einfahrende und abfahrende Züge, genauso wie über die Zuglänge und Auslastung der Wagen zu informieren. Rotes Licht bedeutet, dass ein Zug ein oder abfährt. Weißes, dynamisches Lauflicht soll die Fahrgäste zur Haltposition des Zuges leiten. Die Farben Grün, Gelb und Orange informieren über die Auslastung des Zuges.

Der Testbetrieb wurde im Oktober erfolgreich am S-Bahnhof Berlin Südkreuz abgeschlossen. Hier sind auf eine Länge von 150 Metern am Gleis 1 der S-Bahn insgesamt 245 Betonsteine mit LED-Lampen entlang der Bahnsteigkante verlegt.

Herausforderung: Schaffen eines Detektionsverfahrens mit KI

Die Herausforderung lag darin, ein geeignetes Detektionssystem zu entwickeln, das einen genauen Rückschluss auf die Zugein und -abfahrt erlaubt. 

Praxistest am S-Bahnhof Südkreuz

Lösung: KI-basierte Sensor

Gestalt Robotics hat dazu einen KI-basierten Sensor entwickelt, mit dem auf der Grundlage visueller und akustischer Signale die Zugein- und Abfahrt von Zügen bestimmt werden kann. Erste Tests fanden zunächst im S-Bahn-Werk Wannsee Anfang 2023 statt. Hierbei wurde ein KI-basierter Algorithmus auf das Erkennen des Türen-Schließens und Abklingelns bzw. Warntons bei abfahrenden S-Bahnen der Baureihe 485 trainiert. Als Hardware für die Bild- und Tonaufnahme wurde eine AXIS Kamera (Modell Q1656-BLE Box Kamera mit Mikrophon) verwendet.

Die für das Projekt zum Einsatz kommenden neuronalen Netze sind darauf ausgelegt, Muster aus Daten zu lernen und zu verallgemeinern. Sie sind auf Trainingsdaten angewiesen, um die Beziehungen zwischen Eingabe- und Ausgabevariablen zu verstehen. Ohne ausreichende und relevante Trainingsdaten kann das Netz diese Muster nicht effektiv lernen. Mithilfe von Trainingsdaten können neuronale Netze von den spezifischen Beispielen, die sie gesehen haben, verallgemeinern, um Vorhersagen für neue, ungesehene Daten zu treffen. Je vielfältiger und repräsentativer die Trainingsdaten sind, desto besser ist die Fähigkeit des Netzes, genaue Vorhersagen für ein breites Spektrum von Eingaben zu treffen. Vor diesem Hintergrund erfolgte ein zweiter Test direkt am S-Bahnhof Südkreuz, wo das KI-Modell mit weiteren Aufnahmen bzw. Daten aus der Praxis trainiert und im Anschluss von Mitarbeitern der Gestalt Robotics evaluiert wurde.

In einem Zeitraum von zwei Stunden wurden hierbei insgesamt 25 S-Bahnen mit dem Sensor beobachtet. Durch Aufbereitung der aufgezeichneten Durchfahrten und erneutes Training konnte die Erkennungsleistung auf allen aufgenommen Daten aus dem Erst- und Zweittermin gesteigert werden. Um ebenfalls die Erkennungsquote aller Zugabfahrten zu verbessern, wurde eine kaskadierte Detektion – ein mehrstufiges Vorgehen – entwickelt, welches nicht mehr das Gesamtbild, sondern nur noch den Bereich betrachtet, der zuvor als Tür und als Warnlampe erkannt worden ist. Der Vorteil: Die relevanten Bildausschnitte werden deutlich kleiner und müssen nicht mehr so stark skaliert werden.

Zusammenfassend lässt sich aus der Evaluation schlussfolgern, dass die gewählte Kombination aus Kamerahardware und dem Softwareansatz vielversprechende Möglichkeiten bietet. Insbesondere die mögliche Nutzung KI-basierter Algorithmen direkt auf der Kamera erlaubt die integrierte Datenaufnahme und -auswertung. Hierdurch wird die Privatsphäre der Reisenden gewahrt, indem die relevanten Signale, Zughalt und -abfahrt, direkt mit dem Sensor erzeugt werden, ohne weitere Informationen zu verarbeiten oder an andere Systeme zu übermitteln.

Die Qualität der Detektion des Zughalts und der Zugabfahrt ist dabei maßgeblich von der Menge der Trainingsdaten abhängig. Daher bietet es sich für einen dauerhaften Einsatz des Sensors an, eine umfangreichere Erfassung von Zugein- und -ausfahrten aufzunehmen, da KI-Modelle und neuronale Netze zur Bildererkennung die ihnen bekannten Daten durch das Training verallgemeinern. Es müssen im Trainingsdatensatz alle relevanten Umgebungsbedingungen abgebildet werden. Dies schließt nicht nur alle Objekte, in diesem Fall S-Bahn-Baureihen, sondern auch Witterungseinflüsse, wie Regen und Schneefall, Lichtbedingungen am Tage und in der Nacht sowie unterschiedliche Sichtbarkeit der Züge durch beispielsweise hohes Personenaufkommen oder starke Verschmutzung der Züge mit ein.

Fazit:
Der von Gestalt Robotics entwickelte KI-basierte Sensor erfasst zuverlässig über akustische und optische Signale alle Zugbewegungen am Bahnhof. Er ist damit ein wichtiger Bestandteil des Projekts „Leuchtende Bahnsteigkante“, um Fahrgästen mehr Sicherheit und Informationen am Bahnhof zu ermöglichen. Nach erfolgreicher Erprobung in Berlin ist das System bereit, nun auch an anderen Standorten in Deutschland zum Einsatz zu kommen.

Vorteile:

  • Alle Zugeinfahrten und der Zughalt werden mit einer Reaktionszeit von ca. 1s erkannt

  • Zugabfahrten werden optisch erkannt

  • Zugabfahrten können akustisch erkannt werden

  • Die Privatsphäre der Reisenden wird geschützt

Copyright Bild 1: Deutsche Bahn AG / Hans-Christian Plambeck
Copyright Bild 2: Gestalt Robotics GmbH

 
Andre Schmiljun